Im vorigen Blog versprach ich am Ende eine meiner Begegnungen mit einer Gottheit zu erzählen und nun ist es soweit.

Im August dieses Jahres, zum Schnitterfest, durfte ich allerhand erleben, was ich so in dieser Art bisher nur aus Erzählungen kannte. Der Zeitpunkt des Schnitterfestes lässt nicht wirklich an einem Datum im Kalender festmachen, es ist zu erfühlen und so wartete ich bis zum 5. August. Der August wurde und wird in der germanischen bzw deutschen Sprache als Ernting bezeichnet und beschreibt daher den Beginn der Erntezeit. 

An diesem 5. Ernting, ein Donnerstag, früher Donarstag und dem Donnergott Donar, im Skandinavien Thor genannt, geweiht, erwachte ich um ca 0600 und hatte sofort das “Gefühl” oder den Eindruck, heute ist es soweit, heute ist der Tag des Schnitterfestes. Voller Energie und Vorfreude sprang ich aus den Federn um die Vorhänge im Fenster aufzuziehen und einen Blick hinaus zu werfen. Was ich sah, ließ mich dann zweifeln, denn der Himmel war durch und durch bewölkt und es schüttete wie aus Eimern, leichtes Donnergrollen machte sich in der Ferne bemerkbar. Wie passend, es ist doch Donnerstag, schoss es mir ein und ich ließ mich durchs Wetter nicht beirren und hielt daran fest, heute ist es soweit.

Zum Schnitterfest wird ein Strauss von Korn und Kornblumen “geerntet”, von Freyr dem Sonnengott in Lichtalfheimr geweiht und dann zuhause am Hausaltar platziert, zu späterer Zeit wird dieser Strauss noch weitere Verwendung finden. Sorgen machten sich nun aber doch schon seit ein paar Tagen in mir breit, da schon viel vom Korn geerntet war und ich möglicherweise kaum mehr eine Vielfalt vorfinde um diesen Strauss zu gestalten. Obendrein regnete es ja heut auch noch und geerntet wird normalerweise bei Trockenheit und Sonnenschein. So wartete ich den halben Tag, in der Hoffnung, der Regen möge doch enden, was aber nicht geschah und so machte ich mich Nachmittags, es wird 1600 gewesen sein, im Regen auf den Weg.

Wie so oft führte mich mein Weg zur deutschen Thayaquelle, gleich außerhalb des Ortes und um dorthin zu gelangen muss ich auf einem Feldweg zwischen allerlei Felder durch. Am Ortsende und dem Beginn der Felder merkte ich, dass der Regen leichter wurde und nachdem ich das erste Feld passierte hörte er auf und dunkle, schwere Wolken hingen tief und drohend über der Landschaft, leichter Wind war da, kaum merklich und trieb mir allerhand gute Düfte von Wald, Wiese und Feldern entgegen. Auf diesem Weg nun, gemütlich und in mein Vorhaben versunken, Zwiesprache in Gedanken mit dem Land und seinen Geistern haltend ging ich dahin, mal vom Feld links, mal rechts einen Halm nehmend, nie jedoch einen zweiten, das fühlte sich falsch an. Auch so manche Kornblume fand ich da am Wegesrand und fügte sie dem Strauss bei.

Ungefähr bei der “Trojaburg” hier auch Rasenlabyrinth genannt, war der Strauss fertig und ich bedankte mich mit geschlossenen Augen bei dem Land, bei den Korngeistern und all den anderen Geistern des Landes für diese Gaben, meine Absicht dahinter wussten sie ja bereits. Auch Donar sagte ich dank, dass er mir dies erst ermöglicht hatte. Und als ich nach einer gefühlten Ewigkeit, wahrscheinlich warens nur ein paar Minuten, meine Augen öffnete, sah ich meine Umgebung mit ganz anderen Augen. Es fühlte sich so unwirklich an, obwohl ich wusste dass es real war. Das Land erschien mir trotz der dichten dunklen Wolkendecke viel heller als sonst, kleine “Funken”, die Energie des Landes tanzte um mich herum auf dem ganzen Land in wildem Tanze umher. Manche dieser Funken flogen gemächlich dahin andere im Zickzack wieder andere drehten sich im Kreis wie im Karusell oder Riesenrad, auf und ab, hin und her. Und erfüllt von Neugierde, Behaglichkeit und Liebe zu meinem Vaterland beobachtete ich dieses bunte Treiben bis sich mein Blick allmählich wieder änderte und ich die Umgebung so wahrnahm wie zuvor, wie jeder Andere, welcher hier nun umherwandeln würde. Doch nein, nicht genau so, denn ich weiß nun wieder etwas besser um die Dinge dahinter und sehe es fortan anders als jeder Andere.

Erfüllt von einem Hochgefühl schritt ich langsam weiter, an der Trojaburg vorbei, links abbiegend zu dem kleinen Waldstück zur Thayaquelle. Am Waldesrand angekommen halte ich immer für ein paar Sekunden bis Minuten inne um einerseits all die Wesen des Waldes zu begrüßen, zum Anderen um ihnen meine Absichten darzulegen und um Einlass zu bitten. Bin ich Willkommen so gehe ich gerne weiter, spüre ich Ablehnung, so lasse ich es und kehre um. Ich wurde Willkommen geheißen und trat ruhigen Schrittes ein, im Kopf den Gedanken nach der Weihe des Strausses. Die Weihe erfolgt eigentlich bei Sonnenschein, in der Sonne, durch die Sonne und den Gott Freyr dahinter, doch es ist noch immer dicht bewölkt und schon recht spät, die Sonne wird heut wohl nicht mehr hervorkommen. Wahrscheinlich muss ich mein Vorhaben an einem anderen Tag fortsetzen.

Da aber überkam mich wieder diese tiefe Vertrauen, bis hierher gelang alles, wurde mir ermöglicht und so kann ich mir sicher sein, dass auch weiterhin alles so sein wird, wie es sein soll. Ob es mit meinen Vorstellungen zusammenpasst oder nicht, ist eine andere Frage. So in Gedanken gelangte ich zur Quelle, begrüßte den Geist der Quelle und auch den Hütergeist dieses Waldstückes, welche sich hier oft befindet und sich mir schon zweimal bemerkbar machte. Ich plauderte in Gedanken mit ihnen und fühlte nach ein paar Minuten den Impuls weiter zu ziehen. Gesagt, getan. Ich verabschiedete mich, natürlich nicht ohne ihnen ein kleines Geschenk aus Äpfeln, Birnen und etwas Schnaps dazulassen und ging weiter bis zu einer Weggabelung. Links gehts in Richtung Süden zum Ort Jagenbach und geradeaus komme ich wieder, nach einer Kurve, zum Feldweg hinaus. Ich entschied mich für links, da ich dort vor Jahren meinen Stab fand, dessen Kopf einem Raben, meinem treuen Begleiter, gleicht.

Ohne weitere Ereignisse kam ich am Waldesende nach ein paar Minuten an, wollte aber nicht raus und entschloss mich zum umdrehen und ging zurück. Nach nur ein paar Metern änderte sich ganz kurz wieder mein Blick zu dem, welchen ich zwischen den Feldern vorhin hatte und so schaute ich den Weg entlang ans Ende einer kleinen Lichtung mitten im Wald und sah dort unter den ersten Bäumen, ganz schwarz wie ein Schatten, mit breiten Hut, langen Umhang, einen Stab in der Linken, einen Raben auf der rechten Schulter sitzend Wotan dort stehen. Unbeweglich stand er da, schien mich anzusehn, es waren gewiss nur Sekunden, doch fühlten sie sich wie eine Ewigkeit an und ich wusste ich muss zu ihm. Ein paar Schritte näher, den Blick längst wieder “normal” erkannte ich den Ast eines Baumes über dem Weg, die Äste und Blätter so geformt, dass sie wie eine menschliche Gestalt aussahen. NIchts Übernatürliches, keine Gottheit die dort leibhaftig herumsteht wegen mir. Oder doch?

Aus Erfahrung weiß ich, dass mein Blick stets dorthin gelenkt wird wo er sein soll, damit ich das erkenne, was ich erkennen soll. Und ja, wenn es soweit ist erkenne ich und ja, er zeigte sich so, da er wusste, ich würde es trotz aller Zweifel verstehn. Dort angekommen, wo Wotan stand sah ich bereits das Ende des Weges bei der Weggabelung und dort gemischt aus Schatten und Ästen stand dunkel ein Wolf, wie der Rabe ein treuer Begleiter Wotans. Genau genommen sind es zwei Raben, Hugin und Munin und zwei Wölfe, Geri und Freki. Welchen von beiden ich nun sah, weiß ich nicht, doch man kann sie sich so vorstellen, wie die Darstellungen auf diversen Felsbildzeichnungen aus Schweden. Anfangs war er kräftig gebaut, doch je näher ich kam um so dünner wurde er bis er auf halbem Wege wie ein Strichmännchen im Wald stand. Auch schien es mir von Anfang an so, als bewege er sich nach links in westliche Richtung.

An der Gabelung angelangt war von ihm nichts mehr zu sehn und ich beschloss ihm zu folgen, nachdem ich etwas Müll, welchen ich auf dem Weg fand, bei der nahen Quelle in den Mistkübel deponiert hatte. Ohne weitere Zwischenfälle kam ich ans Ende des Weges, den Wotan und sein Wolf mir wiesen. Rechts gelangt man hinaus zum Feldweg, links war ein Weg, doch der ist überwuchert und nicht begehbar und gerade aus ist eine völlig überwucherte Lichtung zwischen all den Bäumen. So stand ich da, unschlüssig was nun zu tun sei, als plötzlich eine ca 10cm große Libelle aus der Lichtung hergeflogen kam. Sie umrundete mich, flog im Kreis über diesen kleinen Platz auf dem ich stand und flog immer wieder in die Lichtung und wieder hinaus. “Aha, verstehe, dann schau ma mal die Lichtung an” sagte ich zu ihr und begab mich an deren Rand. 

Kaum als ich dort war brach über mir die Wolkendecke auf und die Sonne, welche bereits weit im Westen stand, schien hell und warm auf mich hernieder. Mein Blick änderte sich wieder, ich nahm wieder die Energien des Landes wahr, die Zeit stand still und ein erhebendes Gefühl machte sich breit. Intuitiv holte ich den Kornstrauss hervor, hielt ihn mit beiden Händen der Sonne entgegen, sah ihr mit geschlossenen Augen entgegen und bat Freyr um seine Weihe, Ein Netz aus Licht machte sich bemerkbar hinter meinen geschlossenen Lidern und die Sowilo-Rune regnete hunterfach herab auf den Strauss, das Land und mich.

Nach geraumer Zeit senkte ich die Arme, öffnete meine Augen, bedankte mich von ganzem Herzen für diese wunderbaren Erfahrungen, diese Geschenke und bermerkte wie sich die Wolkendecke wieder schloss und es leicht zu regnen begann. Rasch verstaute ich den Strauss in meiner Tasche um ihn trocken zu halten und machte mich, freudig, erleichtert, wissend und voll neuer Kraft auf den Heimweg…

Konrad Habitzl

Eine Begegnung zum Schnitterfest
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